Start-up-Interview: „Unsere intelligente Infrastruktur macht Immobilien energieeffizienter und zukunftsfähig.“

Start-up Stories – Montag, 02. März 2020

Smart Meter verändern das klassische Ablese- und Abrechnungsgeschäft für den Gas-, Wasser- oder Stromverbrauch grundlegend. Das Start-up Qivalo hat seine Nische in der kombinierten Messung und Abrechnung aller Zähler von Medienverbräuchen einer Immobilie von Haupt- bis Unterzählern gefunden. Im Interview erklärt Geschäftsführer Stefan Beberweil, wie die automatisierte Erfassung aller Daten aus Wohn- und Gewerbeimmobilien funktioniert.

Stefan Beberweil, Geschäftsführer bei Qivalo

Herr Beberweil, die Mannheimer MVV Energie und die Immobiliengruppe Rhein-Neckar haben Qivalo 2017 gemeinsam gegründet, um Messlösungen für die Immobilienwirtschaft anzubieten. Dafür gibt es aber doch viele Anbieter, was macht Qivalo anders?

Wir setzen mit unserer intelligenten Dateninfrastruktur auf einen ganzheitlichen und transparenten Ansatz, der alle Medienverbräuche der Haupt- und Unterzähler einer Immobilie in einer Plattform bündelt. So profitiert der Nutzer nicht nur von einer gemeinsamen Visualisierung aller übertragenen Messwerte, sondern auch von zahlreichen weiteren Funktionen wie beispielsweise eine automatisierte Verbrauchskostenabrechnung. Dabei sind die Prozesse vollständig digitalisiert. Traditionelle Messdienste kümmern sich nur um das Submetering und die Abrechnung, während Stadtwerke oder das ein oder andere Start-up sich um Hauptzähler und Messstellenbetrieb kümmern. Den ganzheitlichen Blick auf die Immobilie für seine Kunden ermöglicht Qivalo.

Was können Sie alles messen?

Alle Verbrauchsmedien einer Immobilie können von uns gemessen und in der Infrastruktur eingebunden werden. Vom Heizkostenverteiler sowie Wärmemengenzähler über den Strom- und Gaszähler bis hin zu den Wasserzählern, Ölfüllstandsmessern und weiteren Sensoren wie Rauchmelder ist dabei alles integrierbar und über ein Smart Meter Gateway mit dem Kundenportal verbunden. Welche Zähler wir jeweils erfassen, hängt ganz vom Kunden am. Manche fokussieren sich auf die Messung spezieller Medien bei uns auf der Plattform, andere beziehen auch nur Submetering-Leistungen von uns. Die meisten entscheiden sich jedoch für den ganzheitlichen Ansatz, der sowohl das Metering als auch das Submetering beinhaltet.

Wer sind Ihre Kunden?

Unsere Kunden sind Unternehmen, die sich mit der Immobilienbewirtschaftung befassen, dies sind Eigenbestands- oder Fremdverwalter – oftmals mit der Motivation der verbrauchsabhängigen Abrechnung oder dem Energiemonitoring. Unser Kundenspektrum ist dabei sehr breit gefächert: von Verwaltern für kleinere Wohnimmobilien zu großen Gewerbekomplexen wie Einkaufszentren bis hin zu einem Flughafen. Allein unsere Gesellschafterin, die Immobiliengruppe Rhein-Neckar, bewirtschaftet deutschlandweit rund 100.000 Wohneinheiten und 2,6 Mio. m² Gewerbefläche. Im Vermietungsbereich verwalten wir außerdem häufig große Gewerbeliegenschaften mit Bürovermietung, das zum Beispiel für einen großen deutschen Immobilienfonds.

Wie setzen Sie Ihre Messdienste technisch um?

In unserer Dateninfrastruktur setzen wir konsequent auf eine Geräteausstattung mit Funk per Open Metering System (OMS) in Verbindung mit einem Smart Meter Gateway. Die Herausforderung dabei ist es, die speziellen Bedingungen der verschiedenen Immobilien zu berücksichtigen und die Funkplanung so umzusetzen, dass am Ende alle zu erfassenden Zähler und Sensoren ihre Daten an das Gateway senden.

Wenn wir eine neue Liegenschaft ausrüsten, analysieren wir erst einmal die vorhandenen Messdienstverträge. In der Regel tauschen wir alle installierten Zähler aus, damit sie sich nahtlos in unsere Funkinfrastruktur einfügen.

Nach Installation unserer Infrastruktur müssen wir die Wohnung eines Mieters während der gesamten Laufzeit nicht mehr betreten, der Mieter hat seine Ruhe und muss sich für eventuelle Ablesungen keinen Urlaub nehmen. Über die Funkinfrastruktur können wir auch Defekte detektieren und frühzeitig eingreifen, wenn etwas nicht mehr richtig funktioniert.

Mit welcher Taktzahl erfassen Sie die Verbrauchsdaten?

Grundsätzlich kann unsere eingesetzte Technik eine sehr hohe Auflösung gewährleisten, dies ist im Gewerbebereich oft eine viertelstündliche Messung, bei Stromzählern können wir bis zur sekundengenauen Messung gehen.

Bei Wohnungsmietern ist die Messung aufgrund der Datenschutzrichtlinien standardmäßig auf zweimal im Monat gestellt. Je nach Vereinbarung mit den Mietern kann hier aber auch auf höhere Auflösung gestellt werden, um Prozesse wie Mieter- oder Eigentümerwechsel sauber zu unterstützen.

Mit der hohen Messfrequenz in Kombination mit der Portallösung unterstützen wir schon heute die überarbeitete Energieeffizienzrichtlinie (EED) der Europäischen Union.

Im Qivalo Cockpit werden alle Verbrauchsdaten übersichtlich dargestellt.

Was passiert auf Ihrer Plattform mit den Messdaten?

In unserem Qivalo Cockpit können die Kunden ihre Daten jederzeit einsehen und erhalten ihre Verbrauchswerte übersichtlich dargestellt, daneben gibt es eine Vielzahl von Analysemöglichkeiten. Wir verstehen uns als Datenprovider für unsere Kunden, wobei die Datenhoheit beim Kunden liegt. Der Verwalter hat die Wahl, ob er Verbrauchs- oder Nebenkostenabrechnungen in wenigen Mausklicks selbst erstellen möchte oder ob wir das für ihn übernehmen. Das kann zum Beispiel bei komplexen Gewerbeeinheiten der Fall sein, oder wenn die Verwalter personell nicht entsprechend aufgestellt sind. Wir übernehmen auch für große Wohnungsunternehmen Abrechnungsdienstleistungen und haben dafür ein Spezialteam.

Sie bieten die jährliche Abrechnung der Verbräuche an. Andere Dienstleister werben damit, zumindest den Strom monatlich abzurechnen. Wie ist das bei Qivalo?

Die jährliche verbrauchsabhängige Abrechnung ist ja Bestandteil der Betriebskostenabrechnung einer Immobilie und gesetzliche Pflicht für den Eigentümer. Technisch gesehen ist auch eine monatliche Verbrauchsabrechnung problemlos möglich, die Messdaten liegen ja in entsprechend hoher Auflösung vor. Unsere Kunden, also Immobilieneigentümer oder -verwalter, können ihren Mietern problemlos eine monatliche Abrechnung anbieten, wenn sie das möchten. Vor allem im Gewerbebereich richten unsere Kunden ihren Mietern Zugänge ins Qivalo Cockpit ein, so dass sie dort ihre Verbrauchsdaten einsehen können. Im Prinzip ginge das auch im Wohnbereich.

Was sind denn nun kurz zusammengefasst die drei wichtigsten Vorteile von Qivalo gegenüber gewöhnlichen Messdiensten?

Das sind im Wesentlichen die vollständige Digitalisierung aller Prozesse und Prozessschritte, die hohe Datenfrequenz bei der Fernablesung und die damit einhergehende Datenhoheit und -transparenz, die der Kunde für seine Immobilie erhält. Damit kann er seine Immobilie zu mehr Energieeffizienz führen und digital und automatisiert abrechnen. Unsere intelligente Infrastruktur ist der längst notwendige Schritt zur Zukunftsfähigkeit einer Immobilie.

Was sind Ihre Ziele für die nächsten drei Jahre?

In der Produktentwicklung wollen wir uns mehr dem Thema des Zusatznutzens widmen, also Tools bereitstellen, mit denen die Kunden auf Basis aller erfassten Daten aus ihrem Energieprofil einen Mehrwert gewinnen, mit denen sie ihre Immobilie energetisch besser verstehen und Möglichkeiten zur Einsparung realisieren können, um ihren CO2-Fußabdruck und die Kosten zu senken. Zudem wollen wir noch mehr Kunden für unsere Lösung begeistern.

Planen Sie bei den Zusatznutzen auch, selbst Einspartipps zu geben, um die Effizienz zu steigern?

Ja, wir sind jetzt beispielsweise schon in der finalen Konzeption eines Heizungsmonitorings. Dafür bringen wir den gesamten Input und Output eines Heizkessels bis hin zu den Outputs in den jeweiligen Einheiten in einen logischen Zusammenhang und bilden daraus Kennzahlen. Diese wiederum nutzen wir dafür, um Empfehlungen zu geben: Ist die Heizung optimal eingestellt? Was lässt sich verbessern? Dabei können sich eine Menge Chancen auftun, auch Kosten für die Mieter zu sparen.

Das Interview führte Simone Pabst

Weitere Informationen: Qivalo

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