Eiskalt sparen – intelligentes Energiemanagement nicht nur für Kühlhäuser

Start-up Story – 23. Juni 2025

Dyke Wilke im Kühlhaus eines Industriekunden.

Kühlhäuser brauchen viel Energie, vor allem Strom. Das macht sie zur perfekten Flexibilitätsquelle. Das Start-up fleXality hat eine KI-basierte Software entwickelt, die Industrieanlagen wie Tiefkühllager in flexible Stromverbraucher verwandelt. So senken Unternehmen nicht nur ihre Energiekosten um durchschnittlich 20 Prozent und sparen Kohlendioxid ein, sondern entlasten auch das Stromnetz.

Das Bremer Startup fleXality hat eine selbstlernende Software für ein smartes Energiemanagement in der Industrie entwickelt. So können beispielsweise Kühlhäuser Energiekosten und Kohlendioxid-Emissionen einsparen. Denn die frostigen Lagerstätten lassen sich gut als Energiepuffer nutzen, wenn die Stromerzeugung aus Sonne und Wind die Nachfrage übersteigt.

Immerhin gibt es allein in Deutschland einer Schätzung zufolge rund 750 große Kühlhäuser. Ein Potenzial, das die Energiewende künftig dringend braucht. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert auch deshalb die Entwicklung der Software mit 125.000 Euro, die das Start-up schon bei einigen Firmenkunden im Einsatz hat.

Das Start-up wurde 2022 von drei ehemaligen Kommilitonen und einem weiteren Mitstreiter gegründet. Einer der Gründer und Geschäftsführer ist Dyke Wilke. Er lernte einen seiner heutigen Mitgründer in der Universität bei einem Kurs zum Bierbrauen kennen. „Nach Rezept und unter Anleitung haben wir 500 Liter Bier im Monat gebraut – eindeutig eine der schönsten Verfahrenstechniken überhaupt“, schwärmt Wilke noch heute.


Nach Strom- und Kohlendioxid-Preisen optimieren

Das Angebot seiner Firma richtet sich an Betreiber, Planer und Bauer von thermischen Anlagen, die eine übergeordnete Energiemanagement Software einsetzen wollen, um ihre Verbräuche nach Strom- und Kohlendioxid-Preisen zu optimieren. „Als Verfahrenstechniker können wir uns den individuellen Herausforderungen des Kunden annehmen und die Software entsprechend konfigurieren“, beschreibt Wilke. Das Start-up setzt dafür ein Gateway vor Ort beim Kunden ein, das die zur Flexibilisierung nötigen Daten sammelt und danach kostenoptimierte Fahrpläne aus der Cloud abruft. Gerade diese Verknüpfung der Datenerhebung mit einer Steuerung gibt es derzeit so nicht am Markt. Einige Konzerne optimieren und steuern diese Prozesse selbst, aber das kann sich nicht jedes mittelständische Unternehmen leisten. „Wir halten den Aufwand für den Kunden minimal, sodass er sich weiter auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann“, erklärt Gründer Wilke.

Durchschnittlich 20 Prozent weniger Stromkosten

Die Software fEnOMS nutzt Künstliche Intelligenz und ist selbstlernend. Je nach Kunde sind jedoch unterschiedliche Aspekte für die Optimierung relevant. Beispielsweise können die Energiekosten durch den Stromeinkauf gesenkt werden, bei anderen macht es Sinn, die Gebühren für die Netznutzung zu reduzieren. Das Einsparpotenzial ist enorm: „Unsere Kunden sparen im Schnitt 20 Prozent ihrer Stromkosten“, sagt Wilke.

Neben der Optimierung nach dem Arbeitspreis, kann auch nach Netzentgelten optimiert werden. „Außerdem beginnen wir nun mit der Vermarktung der Flexibilität auf weiteren Strommärkten, wie dem Intraday“, erklärt er. Prinzipiell kommt auch der Regelleistungsmarkt als weitere Einnahmequelle in Frage. Die Energieflexibilität hängt dabei stark von der Größe des Lagers und der Anzahl von Palettenstellplätzen ab. „In der Regel können pro Kältezentrale mehrere hunderte Kilowatt über bis zu fünf Stunden verschoben werden“, weiß Wilke aus der Praxis.

Dashboard: Die Software fEnOMS zeigt eine Auswertung der Kälteanlage und die Strompreise an der Börse.

Kühlen, wenn der Strom günstig ist

Das Energiemanagement optimiert aber nicht nur Kosten und Emissionen der Industrie, sondern hilft dem Energiesystem insgesamt mit mehr Flexibilität. Das entlastet die Stromnetze und verringert den Bedarf an unnötigen Stromtrassen. „Bei Stromspitzen aus regenerativen Energien zu günstigeren Preisen an der Strombörse, wird die Temperatur in den Kühlanlagen einfach stärker gesenkt als üblich“, erklärt Wilke. Wenn weniger erneuerbare Energie verfügbar ist, wird die Temperatur einfach wieder erhöht. So verbrauchen Kühlhäuser bei teureren Strompreisen im Netz weniger Energie und gleichen dies aus, sobald der Strompreis an der Börse wieder sinkt.

Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) ermittelte im Projekt FlexKaelte den gesamten Energiebedarf des deutschen Kältesektors. Dieser liegt bei 92,7 Terawattstunden – wovon 85 Prozent elektrisch und 15 Prozent thermisch anfallen, fasst Umsicht-Wissenschaftler Christoph Goetschkes zusammen. Dabei wurde festgestellt, dass Kälteanwendungen insgesamt sehr heterogen sind. Für die praktische Umsetzung müssen daher für jeden Standort individuelle Empfehlungen ausgesprochen werden, wie die zu flexibilisierenden Kälteversorgungssysteme ausgelegt und betrieben werden, bestätigen auch die Wissenschaftler in einer Metastudie.

Software auch für Firmen, die Dampf benötigen

Das Startup fleXality plant, auch anderen Industriebranchen eine optimierte Energienutzung anzubieten. Nicht nur für Kälte lässt sich das Energiemanagement gut einsetzen, sondern auch in Wärmeanwendungen bei Unternehmen, die Dampf benötigen. Am besten dort, wo die Kunden eine Flexibilisierung wünschen. „Besonders spannend wird es, wenn Gas und Strom hybrid genutzt werden“, beschreibt Wilke, „denn auch diese Komplexität kann unsere Software lösen. Für den Kunden passiert dies alles vollautomatisch im Hintergrund.“

Die Industrie hat künftig einen großen Bedarf, Kohlendioxid-Emissionen zu verringern. Auch wenn es derzeit nur Karmapunkte bringt, greifen bald EU-Auflagen, die von der Industrie hierzulande einzuhalten sind. Investoren wissen die Software von fleXality jedenfalls zu schätzen: Anfang des Jahres hat das Start-up wieder eine Million Euro frisches Kapital eingesammelt. Der Hauptanteil der Investition kam vom Bremer Stahlhändler Buhlmann. Wilke will sein Team nun erweitern. Es wartet schon viel Arbeit. „Wir haben noch viel vor und freuen uns auf viele anstehende Projekte“, sagt Wilke freudig.

Als Finalist des The smarter E AWARD 2025 in der Kategorie Smart Integrated Energy hat fleXality seine Softwarelösung in einem Vortrag auf dem The smarter E Forum in München vorgestellt.

Vortrag verpasst? Kein Problem!

Sie konnten nicht an der Veranstaltung teilnehmen oder haben eine Session verpasst? Kein Problem! Die meisten Präsentationen stehen Ihnen auf The smarter E Digital zur Verfügung.

Aufzeichnungen ansehen

Sie verwenden einen veralteten Browser

Die Website kann in diesem Browser nicht angezeigt werden. Bitte öffnen Sie die Website in einem aktuellen Browser wie Edge, Chrome, Firefox oder Safari.