„Wir müssen noch mehr Menschen erreichen“

Experteninterview – 2. Juni 2023

Susanne Jung, Geschäftsführerin und Mitglied des Vorstands des Solarenergie-Fördervereins Deutschland

Die Umsetzung von Energy Sharing, der gemeinschaftlichen Erzeugung sowie dem Verbrauch und der Verteilung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird von der Europäischen Union (EU) seit 2021 von den Nationalstaaten gefordert. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland setzt sich dort seit langem für eine Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen und einem breiteren Zugang der Bevölkerung an Energiewendeprojekten ein.

Dieses Jahr wird der Verein das erste mal auf der Intersolar Europe 2023 dabei sein – wir sprachen mit Geschäftsführerin und Vorständin Susanne Jung über Energy Sharing in Deutschland und wichtige nächste Schritte.

Frau Jung, der Solarenergie-Förderverein Deutschland macht sich bereits seit 36 Jahren für die Energiewende stark. Dieses Jahr sind Sie das erste Mal mit einem Stand auf der Intersolar Europe vertreten. Was gab den Anreiz dazu, dabei zu sein und welche Themen bringt der Verein mit zur Messe?

Wir freuen uns sehr, dass wir in diesem Jahr beim großen Branchentreffen der Photovoltaik mit einem eigenen Stand dabei sein können. Es ist ein perfekter Ort, um sich zu vernetzen. Als Medienpartner der Intersolar 2023 wollen wir unser Engagement beim Mieterstrom vorstellen, unsere aktuelle Kampagne “Packsdrauf” präsentieren und die SFV-Beratungstools in die Breite bringen.

Welche spannenden Projekte begleitet der Verein derzeit und welchen Anreiz könnte ich als Bürger haben, dem Solarenergie-Förderverein Deutschland beizutreten?

Seit mehr als 20 Jahren beraten wir zu technischen, rechtlichen und steuerlichen Themen – herstellerunabhängig, bürgernah und kostenfrei. Wir sehen das als Teil unserer energiepolitischen Arbeit für die Energiewende. Bekannt wurde der SFV mit der Idee der kostendeckenden Einspeisevergütung als Grundlage für das spätere EEG. Im Jahr 2021 brachten wir mit unserer erfolgreichen Klimaklage vor dem BVerfG die Klimapolitik in Bewegung. Über 3000 Mitglieder und Spender:innen haben das möglich gemacht. Die dramatische Erderhitzung zeigt uns: Wir müssen noch mehr Menschen erreichen – mit unseren Projekten wie der Solar-Beratungsoffensive, der Nachbarschaftskampagne „packsdrauf”, unserem Einsatz für eine bürokratiearme Mieterstromförderung und Ideen zur dezentralen Energiewende. Je mehr Mitglieder, desto mehr können wir erreichen! Als Vereinsmitglied profitiert man von einer vorrangigen und schnelleren Beratung, weiterhin sind PV-Angebotsprüfungen inbegriffen.

Eines der Hauptanliegen des Solarenergie Fördervereins ist Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Da kommen wir direkt zum Thema „kollektiver Eigenverbrauch“ und „Energiegemeinschaften“: die EU fordert von Ihren Mitgliedstaaten die Umsetzung von dezentralen Erzeuger- und Verbrauchergemeinschaften.

Deutschland ist bei diesem Thema im Vergleich zu anderen EU-Staaten ein Bremser – daher hat der Solarenergie Förderverein 2021 zusammen mit zwei anderen Vereinen ein EU-Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Kernpunkte: mangelnde gesetzliche Definition der Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft sowie das fehlende Recht, gemeinsam erzeugte Energie untereinander zu teilen (Energy Sharing), um sich aus eigenen Anlagen zu versorgen.

Was hat sich seit Einleitung des Verfahrens verbessert, beispielsweise durch die EEG (Erneuerbare Energie Gesetz) -Novelle 2023? Und warum bremst Deutschland?

Die frühere schwarz-rote Bundesregierung ist ja insgesamt eher als Bremser der Energiewende aufgetreten. Einiges hat sich da gelockert, und wir stehen heute in einem guten Austausch mit dem BMWK – nicht zuletzt, was den Bürokratieabbau betrifft. Aber auch in der jetzigen Regierung gibt es starke Kräfte, welche die Interessen der alten fossilen Industrien verteidigen. Auch in puncto Energy Sharing gibt es Bewegung. So hat das BMWK angekündigt, sich im Solarpaket II diesem Thema anzunehmen. Erweitert werden sollte es durch die Möglichkeit, die Vor-Ort-Versorgung in der Nachbarschaft möglich zu machen. Wir bringen uns hier mit Ideen ein.

Das BMWK hat im Mai 2023 in der „Photovoltaik-Strategie“ folgende Punkte zur Verbesserung des bestehenden Mieterstrommodells benannt, die im Rahmen des „Solarpaket I“ im Sommer in Gesetzesmaßnahmen Anwendung finden sollen:

  • Einführung des virtuellen Summenzählers,
  • Einführung der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung sowie
  • Entbürokratisierung und Weiterentwicklung des bestehenden Mieterstrommodells.

Bewerten Sie diese Maßnahmen als ausreichend zur Förderung von Mieterstrom in Deutschland?

Und wenn nicht, welche Faktoren sind weiterhin am dringlichsten zu verändern, um ein breites gemeinschaftlich organisiertes Engagement der Bürger am Solarausbau zu ermöglichen?

Die Planungen des BMWK zum Mieterstrom weisen eine Reihe wichtiger Verbesserungen auf. Wir begrüßen es, dass das unbürokratische österreichische Modell der gemeinschaftlichen Versorgung im Mehrfamilienhaus aufgegriffen werden soll. Auch der “virtuelle Summenzähler” ist ein wichtiger Schritt zur Vereinfachung des Mieterstroms. Das Strategiepapier bleibt aber oft im Ungefähren. Wir haben in einer Stellungnahme an das Ministerium eine Reihe weiterer Verbesserungsvorschläge vorgetragen , von der auskömmlichen Bemessung des Mieterstromzuschlags über die Ausdehnung der Förderung auf Gewerbeimmobilien bis zu Erleichterungen für Bürgerenergiegemeinschaften. Details erklären wir gerne an unserem Intersolar-Stand!

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